Am 1. Oktober 1957 wurde das 3. Schnellbootgeschwader mit dem Befehl Nr. 70 der Marine in Flensburg-Mürwik aufgestellt. Als endgültiger Heimathafen – nicht vor Ende 1959 – war Langballig an der Flensburger Förde vorgesehen. Das Wappen das Geschwaders weist mit seiner Palme auf den Mittelmeereinsatz der 3. Schnellbootflottille im 2. Weltkrieg hin, das Eiserne Kreuz steht für soldatische Werte und Tapferkeit im Einsatz für Recht und Freiheit.
Wenige Wochen nach der Aufstellung wurde bereits am 16.11.1957 der „Jaguar“ als erstes Boot in Dienst gestellt. Es war gleichzeitig auch das erste Schnellboot welches nicht einen Nachbau der Kriegsboote sondern eine Neukonstruktion unter Berücksichtigung der Erfahrungen des 2. Weltkrieges darstellte. Rasch folgten die anderen neun Boote, bis mit der Indienststellung vom Marder am 07.07.1959 die Aufstellungsphase abgeschlossen war. Als Tender für das 3. Schnellbootgeschwader stellte am 06.11 1961 der „Rhein“ auf der Schlieker-Werft in Hamburg in Dienst. Als erster Tender der Schnellbootwaffe unterstand er für Erprobungen noch längere Zeit dem Schiffsübernahmekommando und trat erst nach einer ausgedehnten Warmwassererprobung Ende 1963 zum Geschwader.
Obwohl Jaguar und die ersten Folgeboote noch ohne Geschütze und Ausrüstung wie Radar und Koppeltisch zur See fuhren, nahmen sie doch unmittelbar nach der Indienststellung an den ersten Manövern teil. Zu groß war das Interesse auf deutscher wie NATO Seite, wie sich die neue Generation von Schnellbooten taktisch und seemännisch bewähren würde.
Jaguar auf Werftprobefahrt mit Geschütz- und Radarattrappe
So fuhren die ersten Boote bereits 1958 bei den nationalen Manövern Störtebeker und
Wallenstein I sowie dem NATO Manöver Tiger Bleu mit. Geschwaderausbildung, Gefechtsabschnitte und NATO Manöver wie Bold Game mit seinem Vorläufer Bold Dame und Auslandsreisen bestimmten, wie auch später bei den anderen Geschwadern, das Bild der Ausbildung. Die ersten Reisen führten nach Chatham, Visby, Cherbourg und Brest. Fast immer waren es auch die ersten Auftritte deutscher Marinesoldaten nach dem Kriege mit durchweg positiven Ergebnissen. Sie zeugten für das einwandfreie Auftreten der Besatzungen, aber auch den Willen der Bevölkerung, die jungen Deutschen wieder in der Gemeinschaft der freien Völker Willkommen zu heißen.
In der Vorbereitung auf die Einführung neuer Boote erfolgte 1971 der Wechsel der noch nicht so abgefahrenen Boote Tiger, Iltis, Wolf und Löwe zum 5. Schnellbootgeschwader. Im Tausch dafür kamen vom 5. Schnellbootgeschwader die Boote Weihe, Pinguin, Reiher und Kranich. Sie sollten, zusammen mit den verblieben Booten des 3. SG, als erste außer Dienst gestellt werden. Dabei tauschten die Besatzungen jeweils die Boote, blieben also in ihren Stützpunkten und Wohnorten. Die schon bestehenden Patenschaften gingen hingegen in der Regel mit den Booten zu dem neuen Geschwader.
Ab 1972 begann dann die Umrüstung auf die neuen, Flugkörper tragenden Boote. Am 30.10.1972 stellte „S 41“ als erste der anfänglich nur als 148er bezeichneten Einheiten in Dienst. Die Boote waren in Frankreich, teilweise auch bei der Lürssen Werft gebaut, die Endfertigung erfolgte jedoch immer in Frankreich. Dafür gingen die Jaguar Boote nach und nach außer Dienst. Anfänglich waren die neuen Boote nur mit Nummern (S 41 – S 50) bezeichnet, auf Wunsch der Truppe wurden jedoch im Dezember 1981 die alten Namen wieder aktiviert und mit den bisher geführten Nummern (z.B. „S 41 Tiger“) verbunden. Die Klasse wird daher auch als Tiger-Klasse bezeichnet. Nach der ersten Indienststellung dauerte es nur knapp 1 1/2 Jahre bis am 27.03.1974 das 10te und letzte Boot Flagge und Wimpel setzte.
1982 begann die Umrüstung auf das Datenverarbeitungssystem PALIS (Passiv-Aktiv-Lageinformationssystem), damit war der Datenaustausch sowohl untereinander als auch mit den modernen Booten der Klasse 143 (2. SG) und den zulaufenden Booten der Klasse 143 A (7. SG) möglich und erlaubte einen zusammenfassenden Einsatz der Waffensysteme.
1990 wurde festgestellt, daß Asbest bei der Verarbeitung mit genutzt worden war und eine Sanierung zwingend notwendig sei. Noch im gleichen Jahr begann die Asbestsanierung, teilweise kombiniert mit der Modernisierung der Feuerleitanlagen (Castor und Triton Golf) sowie bei 5 Booten mit der Einrüstung einer modernen Anlage für die Elektronische Kampfführung (OCTOPUS). Die lange Werftliegezeit von bis zu 56 Wochen mußte dafür in Kauf genommen werden.
Aufgrund der veränderten gesamtpolitischen Lage und der eingeleiteten Reduzierung der Bundeswehr auf 370 000 Mann wurde auch die Marine verkleinert. Als erstes Boot stellte der noch nicht asbestsanierte S 42 Iltis am 15.10.1992 außer Dienst. Beim 5. SG war es S 52 Storch. Im folgenden Jahr setzte die Zeitkaderung von je zwei Booten der Tiger-Klasse ein, um Personal einzusparen und die Boote trotzdem fahrbereit zu halten. Beim 3. SG begannen damit S 44 Marder und S 49 Wolf. Doch die weitere Reduzierung der Finanzen und der Gesamtstärke der Bundeswehr auf 340 000 Mann forderte zusätzliche Personal- und Materialeinsparungen. S 44 Marder ging daher bereits im Mai 1994 a.D., in den Jahren 1997 und 1998 folgen S 49 Wolf, S 41 Tiger und S 43 Luchs. Alle drei Boote wurden an Chile abgegeben, nachdem vorher die Besatzungen ausgebildet worden waren.
Die veränderte politische wie strategische Lage spiegelte sich auch ganz deutlich im Übungs- und Ausbildungsbetrieb wieder. War schon mit der Einführung der Tiger Klasse das Flugkörperschießen in der Biskaya zu einem großes Erlebnis außerhalb des normalen Operationsgebietes Ostsee / Ostseeausgänge geworden ging es jetzt in vorher verschlossene Bereiche, wie polnische Häfen, oder Gegenden weit außerhalb der bisher befahrenen Gebiete, wie Ibiza, Korsika und Monaco.
In der neuen Lage war aber auch ein reduzierter Bestand an Schnellbooten und eine neue Struktur vorgesehen. Der Stützpunkt Flensburg sollte aufgelöst werden, die verbleibenden Boote des 3. SG nach Olpenitz zum 5. SG gehen und das „alte Hausgeschwader“ der Schnellbootflottille aufgelöst werden. So geschah es am 30.09.1998. Die verbliebenen Boote S 45 Leopard, S 46 Fuchs, S 47 Jaguar, S 48 Löwe und S 50 Panther verlegten zum 5. SG nach Olpenitz und bildeten dort mit den noch in Dienst befindlichen S 55 Alk, S 56 Dommel, S 57 Weihe, S 58 Pinguin und S 59 Reiher den neuen Geschwaderverband von 10 Booten, allesamt mit OCTOPUS ausgerüstet. Vorher hatte der Befehlshaber der Flotte das 3. Schnellbootgeschwader in einer feierlichen Musterung in Anwesenheit vieler Ehemaliger nach 41 Jahren außer Dienst gestellt.
Geschwaderkommandeure:
KKpt. Haag, H. 10.57 – 08.59
FKpt. Wülfing, B. 09.59 – 01.62
FKpt. Künzel, K, 01.62 – 03.63
FKpt. Dobenecker, G. 04.64 – 09.66
FKpt. Thäter, K. 10.66 – 09.68
FKpt. Kruse, E. 10.68 – 03.71
FKpt. Meiburg, H-D. 04.71 – 12.73
FKpt. Ehlert, K. 01.74 – 03.77
FKpt. Geier, J. 04.77 – 01.79
FKpt. Jacobi 02.79 – 03.81
FKpt. Hecker, K. 04.81 – 09.84
FKpt. Porrio, G. 10.84 – 10.86
FKpt. Poesze, J. 10.86 – 03.88
FKpt. v. Krosigk, F-W. 04.88 – 12.90
FKpt. Kampschulte, L. 12.90 – 03.93
FKpt. Houtrouw, K-E. 04.93 – 03.95
FKpt. Mannhardt, J. 04.95 – 09.96
FKpt. Weber, G. 09.96 – 09.98
Quellen:
Kommando der Schnellboote – Militärisches Tagebuch – Bundesarchiv-Militärarchiv BM 7/20 und BM 7/21, Bd. 1 – 01.10.1957 – 30.09.1960, Bd. 2 – 01.10.1960 – 22.10.1963
Schiffsnummernverzeichnis für Schiffe, Boote und Betriebsfahrzeuge der Bundeswehr – Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, SG I 2, Koblenz 1997
Unterlagen der Schnellbootflottille
Chronik des 3. Schnellbootgeschwaders, Hrsg. Houtrouw, Karl-Erich, Bonn 1998
Jubiläumsbroschüren des 3. Schnellbootgeschwaders
Fotos: SFltl., Chronik, Mannhardt