Korvette – K130
Korvette – K130

Korvette – K130

Ende der 80er Jahre wurden die ersten Überlegungen hinsichtlich einer Nachfolge der Schnellboote Klasse 148 Tiger angestellt. Angesichts erheblich gestiegener Kosten für Schiffe und Boote bei engem Verteidigungshaushalt erhob sich die Frage, ob es nicht bei anhaltender Ost-West-Konfrontation in den begrenzten Gewässern der Ostsee und Ostseezugänge zweckmäßiger sei, auf kleinere und dafür zahlreichere Plattformen zu setzen. Auch Ideen, ganz auf schwimmende Einheiten zu verzichten und dafür landgestützte Flugkörper einzuführen, fanden Befürworter.

Doch die sich langsam abzeichnende Stabilisierung und Entspannung des Verhältnisses NATO und Warschauer Pakt ließ eine ausschließliche Bindung an das Operationsgebiet Ostsee wenig sinnvoll erscheinen. Die Schnellbootflottille sprach sich daher in einer Denkschrift zur Jahreswende 1988/89 eindeutig für eine größere, in allen europäischen Randmeeren einsetzbare Plattform aus. Dies traf sich mit den im Führungsstab der Marine entwickelten Ideen. Dort wurde, mit Blick auf die damals noch ungeklärte „out-of-area“ Problematik, in den Konzeptionellen Zielvorstellungen zur „Marine 2005“ zurückhaltender der Arbeitsbegriff „Patrouillenboot“ gewählt, intern jedoch bereits von der Korvette gesprochen. Im Bundeswehrplan 1992 tauchte dann zum ersten Mal in einem offizellen Dokument die „Korvette“ auf.

Auch nach der Reduzierung der Bundeswehr von 370 000 auf 340 000 Mann und der konzeptionellen Neuausrichtung in Kräfte zur Krisenreaktion und Landesverteidigung hielt das Ressortkonzept von 1995 an diesem Begriff fest und stellte 15 Korvetten als Ersatz für die Schnellboote der Klassen 143 und 143A vor mit der Präzisierung: „Die Fähigkeit zur Überwasserkriegführung in Küstennähe wird mit Einführung von Korvetten ab dem Jahre 2004 verbessert. Sie werden die Schnellboote sukzessive bis in den Zeitraum nach dem Jahr 2010 ablösen.“

Doch die Realisierung ließ weniger aus Geldmangel denn aus konzeptionellen Auffassungsunterschieden im Führungsstab Marine wie auch zwischen dem Führungsstab und der Rüstungsabteilung auf sich warten. Erst im Juni 1998 begann die Definitionsphase, die dann am 13. Dezember 2001 zur Unterzeichnung des Beschaffungsvertrages für den Bau von 5 Einheiten der Korvette Klasse 130 (K 130) im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) führte. Ob noch weitere Fahrzeuge folgen wird von der weiteren Bundeswehrplanung abhängen.

Im Gegensatz zu den sehr wendigen, allerdings relativ kleinen Schnellbooten herkömmlicher Bauart wird die deutlich größere Korvette in der Lage sein, auch bei ungünstigen Wetterlagen von See kommend mit einem schlagkräftigen Waffen- und Sensorenmix in die Küste hineinzuwirken . Volle Einsatz- und Funktionsfähigkeit ist bis einschließlich Seegang 5 und Windstärke 12 garantiert.

Neu in der Konstruktion von Marineschiffen ist der schlanke Wulstbug, der einen Zugewinn in der Höchstgeschwindigkeit und eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs bewirkt. Die Korvette besitzt im Vergleich zu den Schnellbooten eine deutlich höhere Seeausdauer. Sie kann bis zu sieben Tagen ohne Nachversorgung in See stehen. Steht im Einsatzgebiet ein Tender oder Einsatzgruppenversorger mit eingeschiffter Systemunterstützungsgruppe (SUG) zur Verfügung, erhöht sich die Seeausdauer auf 21 Tage. Bei einer Geschwindigkeit von 15 Kn beträgt die Reichweite der K 130 mehr als 2500 sm.

Die K 130 verfügt über ein Flugdeck für den Hubschrauber- und Drohnenbetrieb. Es ermöglicht das Starten und Landen von Hubschraubern mit einem Abfluggewicht von bis zu 12 t. Des weiteren besteht die Möglichkeit, für den Minenlegeeinsatz Minenschienen auf dem Deck aufzubauen.

Die Korvette K 130 stellt insgesamt ein qualitativ neues Seekriegsmittel dar. Sie bildet eine besonders geeignete Komponente, den Überwasserkampf in den Randmeeren zu führen und streitkräftegemeinsame Operationen auch mit Waffenwirkung in das Land hinein zu unterstützen. Mit ihrer modernen Ausrüstung an Sensoren und Effektoren wird sie darüber hinaus ein wichtiges Glied in der Kette multinationaler Kooperation bilden. Als Hauptbewaffnung wird der schwere Flugkörper RBS 15 MK 3 beschafft, den eine Reichweite von über 200 km, extrem niedrige Flughöhe und beschleunigter Endanflug auszeichnen und der sowohl gegen See – wie Landziele eingesetzt werden kann. Der Beschaffungsvertrag wurde im September 2005 unterzeichnet.

Im Mai 2013 erfolgten die ersten zwei Probeschüsse des Flugkörpers RBS 15 MK 3, die zwar gut verliefen, dennoch waren noch einige Optimierungen notwendig, bevor der Flugkörper endgültig eingerüstet werden konnte. Endgültig wurde die Einsatzfähigkeit des Flugkörpers Ende April 2015 in einem Übungsgebiet in schwedischen Hoheitsgewässern mit der MAGDEBURG nachgewiesen. Die Einsatzprüfung umfasste den kompletten Leistungsnachweis von der Zielzuweisung über die Missionsplanung und das Abfeuern des Flugkörpers bis zum Treffer im Ziel. Damit stand der Ausrüstung der Korvetten mit dem RBS 15 MK 3 nichts mehr im Wege.

Werften: Lürssen, Blohm + Voss, Nordseewerke
Einheiten: 5
In Dienst von / bis: ab 2008
Verdrängung: 1840 t
Länge: 89,12 m ü.a.
Breite: 13,28 m
Tiefgang: 4,75 m
Antrieb: 2 MTU-Dieselmotoren (2 x 7400 KW = 10 000 PS)
Generatoren 4 MTU-Dieselmotoen (4 x 570 KW)
Wellen / Schrauben: 2 – 2 Verstellpropeller
Geschwindigkeit: >26 kn
Besatzung: 58 (8/16/28/5) max. 65
Seeausdauer: 7 Tage ohne Tender, 21 Tage mit Tender
Fahrstrecke: >2500 sm bei 15 kn
Bewaffnung: 4 Weitreichende See-/Landzielflugkörper RBS15 MK 3
1 x 76 mm, 2 x 27 mm, 2 x RAM
1 Radarstörsender, Multifunktionsradar TRS-3D mit Freund-Feinderkennung, 2 x Navigationsradar
Elektrooptische Sensoren MIRADOR
Minenlegefähigkeit.
Einzelheiten zum RBS15 MK 3:
Länge 4,35 m, Durchmesser 0,5 m, Spannweite 1,4 m
Antrieb Turbojet – 2 Booster, Geschw. 0,9 Mach
Reichweite über 200 km, aktiver Radarzielsuchkopf / GPS
Gewicht 800 kg mit, 630 kg ohne Booster, Gesamt mit Kanister 1,6 t
Erster Flugkörper ausgeliefert am 22.09.2011

Am 13.12.2001 wurde vom BMB der Auftrag für die Konstruktion, den Bau und die Lieferung von fünf Korvetten der Klasse 130 an die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) K 130, bestehend aus den Werften Blohm + Voss, Lürssen und Nordseewerke, vergeben. Die Schiffe sollten in den Jahren 2007 bis 2008 ausgeliefert, dies verzögerte sich bis 2008 und 2009. Dabei fertigten:
Blohm + Voss die Aufbauten
Lürssen das Achterschiff
Nordseewerke das Vorschiff.
Die Endausrüstung, Inbetriebnahme und Erprobung erfolgte durch:
Blohm + Voss für die 1. und 4. Korvette
Lürssen für die 2. und 5. Korvette
Nordseewerke für die 3. Korvette.
Parallel dazu wurde die Einsatzsoftware durch die Firma ETMS (EADS Thales Marinesystems) erstellt.

Als Namen wurden nach Vorschlag durch den Inspekteur Marine vom BM Struck festgelegt:
1. Korvette: BRAUNSCHWEIG
2. Korvette: MAGDEBURG
3. Korvette: ERFURT
4. Korvette: OLDENBURG
5. Korvette: LUDWIGSHAFEN
(später auf Wunsch der Stadt Ludwigshafen ergänzt um „AM RHEIN“

Name Kiellegung Nummer Rufzeichen Taufe Taufpatin in Dienst
BRAUNSCHWEIG 19.07.2004 F 260 DRBA 19.04.2006 Frau Doris Hoffmann
(Frau des Oberbürgermeisters von Braunschweig) 16.04.2008
MAGDEBURG 19.05.2005 F 261 DRBB 06.09.2006 Frau Angela Trümper
(Frau des Oberbürgermeisters von Magdeburg) 22.09.2008
ERFURT 22.09.2005 F 262 DRBC 29.03.2007 Frau Sysann Bausewein
(Frau des Oberbürgermeisters von Erfurt) 28.02.2013
OLDENBURG 19.01.2006 F 263 DRBD 28.06.2007 Frau Dr. Annette Schwandner
(Ehefrau des Oberbürgermeisters von Oldenburg) 21.01.2013
LUDWIGSHAFEN AM RHEIN 14.04.2006 F 264 DRBE 26.09.2007 Frau Dr. Eva Lohse
(Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen) 21.03.2013

Quellen:
Bundeswehrplan 94 vom 15.12.1992 in Brief zur Truppeninformation 2/92 vom 16.12.1992
Ressortkonzept zur Anpassung der Streitkräftestrukturen des BMVg vom 15.März 1995
Ressortkonzept zur Materialplanung des BMVg vom 21. September 1995
Jahrbuch der Marine 1993
MarineForum 3/2002
Wehrtechnischer Report 7/2002
BMVg – Unterlagen über neue Waffensysteme v. 5.12.2002
Soldat und Technik, Heft 12/2002 S 21f
Soldat und Technik, Heft 6/2004 S 61
Wehrtechnik IV/2005 S 79 f
Die deutschen Schnellboote im Einsatz, 1956 – heute (2007) S 234 ff
Datenblatt Korvette Kl. 130 unter www.blohmvoss.com
Hardthöhenkurier 5/2011 Seite 78f
Fotos: ARGE K 130, Nordseewerke GmbH und Marinemaler Andreas Kruse (www.kunst.ag/marineart)